Vorboten einer Rezession? Warum alle über die inversive Zinskurve schreiben – und meine Ansichten

19.08.2019 – Wer verschiedenste Meldungen oder schlicht die Aktienkurse der vergangenen Wochen verfolgt hat, wird an den Begriffen Rezession und inversive Zinskurve kaum vorbeigekommen sein. Im Folgenden erläutere ich was passiert ist und gebe anschließend eine kurze Einschätzung.


Einleitung

Regelmäßigen Lesern dieser Seite wird es bereits aufgefallen sein: in meinen Beiträgen geht es nur selten um Stimmungen und Märkte (die sogenannte Makroebene) sondern primär um die Mikroebene (sprich die börsengelisteten Unternehmen als solche).

Warum ist das so? Dahinter steckt primär die Überzeugung, sich auf das zu konzentrieren was man selbst beeinflussen kann.

Alles Makroökonomische (wie entwickelt sich der Zins, politische Konflikte etc.) liegt schlicht und einfach nicht im Einflussbereich von uns Privatinvestoren. Was wir aber beeinflussen können: welche Unternehmen wir kaufen und zu welchem Preis. Auch bin ich der festen Überzeugung, dass sich Märkte per se nicht vorher sagen lassen, wieso sollte ich also meine Zeit dafür aufwenden?


„Ich denke nie darüber nach, was die Börse machen wird. Ich weiß nicht, wie man die Börse oder die Zinsen oder die Konjunktur vorhersagen kann. Und ich habe keine Ahnung, ob die Börse in zwei Jahren höher oder tiefer stehen wird.“ W. Buffet

https://www.brokervergleich.de/wissen/so-geht-boerse/101-weisheiten-fuer-den-boersenerfolg/


In diesem Artikel möchte ich hiervon mal etwas abweichen und kurz skizzieren wieso derzeit in der breiten Finanzszene die inversive Zinskurve diskutiert wird und wie meine Ansichten hierzu sind.


Was ist passiert ? Die inversive Zinskurve

Kurzlaufende Staatsanleihen (2 Jahre) bringen erstmals wieder eine „höhere“ Rendite als langfristige Anleihen (10 Jahre). Dieses Phänomen ist im Finanzjargon auch als das Auftreten einer inversiven Zinskurve bekannt. Die Tatsache, dass kurzlaufende Staatsanleihen mehr abwerfen als langlaufende, ist nun erstmals seit der letzten großen Finanzkrise in 2007 der Fall. Warum ist dies nun so außergewöhnlich? Der gesunde Menschenverstand sagt es ja bereits: für das langfristige Verleihen von Geld sollte man einen höheren Zins erwarten können als für kurzfristige Zeiträume – schließlich ist das (Ausfall-) Risiko hier ja auch entsprechend höher. Ist dies nicht der Fall, liegt fundamental betrachtet etwas im Argen.

Hinzu kommt, dass ein Großteil der Studien nach Eintritt einer inversiven Zinskurve eine darauf folgende Rezession (entspricht per Definition zwei Quartale Negativwachstum) hervorsagen. Zum Beispiel nennt die Commerzbank hier eine Studie mit 9 von 10 Fällen in denen nach Eintritt der inversiven Zinskurve eine Rezession folgte. Jedoch gab es auch bereits Fälle in denen durch die Zinskurve ein falsches Signal gesendet wurde (z.B. 1966 und 1998).


Wie ist es soweit gekommen?

Hierfür dürften mehrere Faktoren ausschlaggebend gewesen sein. Zum einen rechnen Anleger nun wohl mit einer deutlichen Abkühlung der Wirtschaft. Es verhält sich nämlich so: wer bereit ist für eine 10-jährige Staatsanleihe weniger Geld zu erhalten als für eine 2-jährige Staatsanleihe tut dies nur, wenn er damit rechnet, dass die Zinsen weiter sinken. Und Zinsen sinken dann, wenn die Wirtschaft angekurbelt werden muss, sprich man auf eine Rezession zusteuert.


Wenn nun der Chef der FED, Powell, steigende Zinsen in Aussicht stellt, wirkt sich dies entsprechend auch auf die kurzfristigen Staatsanleihen aus. Diese steigen und dadurch nähern sich lang- und kurzfristige Anleihen an (wie zuletzt geschehen). Langfristige Anleihen sind dabei vor allem in schwierigen Zeiten gefragt. Aktuell scheint der Markt diese schwierigen Zeiten zu antizipieren, die Nachfrage nach langfristigen Staatsanleihen steigt und wo viel Nachfrage, da steigt der Preis (in Form von sinkenden Renditen der Anleihen).


Was unternehme ich jetzt persönlich ?


Der wirkliche Schlüssel um wirklich Geld mit Aktien zu machen liegt darin, sich nicht von ihnen Angst einjagen zu lassen. – Peter Lynch

https://www.lynxbroker.de/wissen/peter-lynch/


Ob es zu einer Rezession kommen wird, ist trotz des Phänomens der inversiven Zinskurve keinesfalls gesichert. Das amerikanische Wirtschaftswachstum ist weiterhin stabil und in Kraft. Auf der anderen Seite gibt es globale Faktoren die eine Eintrübung der Wirtschaft befeuern können (Handelskrieg, Brexit etc.). Diese Ängste werden derzeit in die Kurse eingepreist.

Im Musterdepot werde ich die Cashquote weiter erhöhen um mir die Option für Nachkäufe offen zu halten, ich weiß dass ich persönlich sehr langfristig anlege. Ebenfalls setze ich hier auf einige, meiner Einschätzung nach, weniger konjunktursensible Unternehmen, wie Cegedim, Bains de Monaco, IVU Traffic Technologies, Deutsche Real Estate, Defama, Fresenius oder auch schlicht Alphabet.

Dies ändert aber grundsätzlich nichts an meiner Ansicht, dass die Märkte schlicht nicht zu timen sind oder in anderen Worten: ich weiß, dass ich nichts weiß.

Selbst wenn es schlussendlich zu einer Rezession kommen sollte: dann folgt per Definition zwar die Depression, dieser wiederum aber der Aufschwung und Boom – so wie seit Anbeginn unser Wirtschaft. Und wie in jedem Wirtschaftszyklus aufs Neue.


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Quellen

https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/anleihen/anleihen-us-zinskurve-kippt-staerkstes-rezessionssignal-seit-der-finanzkrise/24902992.html

https://www.manager-magazin.de/finanzen/artikel/inverse-zinskurve-rezessionssignal-am-bondmarkt-kann-auch-fehlsignal-sein-a-1282203.html

https://www.onpulson.de/lexikon/rezession/

https://www.welt.de/wirtschaft/article198563247/Anleihen-Inversion-der-Zinskurve-sagt-der-Welt-die-Rezession-voraus.html

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/inverse-zinskurve-warum-eine-rezession-drohen-koennte/22856692.html


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